Besteigung des Ätna

Eine Wanderung auf einen der aktivsten Vulkane der Erde ist aus mehrerer Hinsicht eine Herausforderung. Herabstürzende Gesteinsbrocken lösen sich regelmäßig von den zahlreichen Kraterrändern. Extrem spitzes und kantiges Terrain macht ein Gehen ohne Wanderstöcke zu einem riskanten Unterfangen. Auch die oben am Kraterrand verstärkt austretenden giftigen Gase sind Gefahren, die man im Vorfeld mitberücksichtigen sollte wie aktuelle Warnmeldungen lokaler Geo-Institute.

Alles in allem sei die Besteigung des Ätna (vor allem ohne Bergführer) nur denjenigen empfohlen, die nicht nur körperlich fit sind, sondern auch vulkanische Aktivität richtig einschätzen können. In jedem Fall ist eine solche Wanderung ein bleibendes Erlebnis. Der Blick in den Schlot des Ätna gleicht einem Inferno.

Auf zum Gipfel

Von Nicolosi aus, wo ich in der Jugendherberge für drei Tage Quartier gemacht habe, geht es mit Mietwagen zunächst hinauf zum Refugio Sapienza.

Blick von Nicolosi aus hinüber zum Ätna
Blick von Nicolosi aus hinüber zum Ätna

Auf 1.900 m Höhe am Refugio Sapienza (Abb. unten). Von hier aus führt die Ätna-Seilbahn weiter hinauf zur Bergstation La Montagnola, die sich auf einer Höhe von 2.504 m befindet. Wer will, kann sich das Geld für die Seilbahn auch sparen und diese Strecke zu Fuß hoch laufen. Für den Aufstieg vom Refugio Sapienza bis zur Bergstation La Montagnola – 2,5 km Strecke bei 580 Höhenmeter Aufstieg – braucht man ca. 1 1/4 Stunde.

Refugio Sapienza

An der Talstation herrscht reger Betrieb. Die meisten Touristen laufen zielstrebig auf die Seilbahnstation zu. Eine Berg- und Talfahrt kostet 30 Euro (Stand 2018). Anschließend steigen wiederum die meisten Besucher auf einer Höhe von 2.500 m auf Geländewagen um, was zum Zeitpunkt der Reise nochmals rund 30 Euro kostete. Ich möchte allerdings die gesamte Strecke bis zum Gipfel hochgehen und so folge ich der Piste, die hinter der Talstation hinaufführt.

Die Piste ist zum Zeitpunkt der Tour (Mitte April) von meterhohen Schneewänden umgeben. Immer wieder muss ich anhalten, um den 4-Rad-getriebenen Geländewagen Platz zu machen. In den Sommermonaten, dann wenn kein Schnee mehr liegt, kann man an vielen Stellen die Piste verlassen, um Abkürzungen zu nehmen, die in gerader Linie hinauf führen. Im Frühling mit all dem Schnee ist dies jedoch nicht möglich.

April auf Sizilien. Entlang der Piste türmt sich der Schnee mehrere Meter hoch

April auf Sizilien. Der Schnee ist beidseitig entlang der Piste mehrere Meter hoch

Auf einer Höhe von 2.900 m endet am Torre Del Filosofo die Piste (Abb. unten), auch die Touren mit Geländewagen und Jeeps enden hier. Vom Refugio Sapienza hat der Aufstieg bis hierhin gut 2 Stunden gedauert. Die allermeisten Touristen fahren nach einem halbstündigen Aufenthalt und einer Umrundung des Kraters Torre del Filosofo wieder runter.

Unterhalb des Gipfels

Dort, wo die Fahrt mit dem Geländewagen endet, informiert ein Schild über die Gefahren. Auf dem Schild steht unter anderem, dass man nicht ohne Bergführer weitergehen solle beziehungsweise dürfe. Einige Spuren im Schnee weisen den Weg über das Schneefeld und so gehe ich weiter.

Parco dell’ Etna

Warnschild im Parco dell’ Etna

Nach etwa 25 Minuten ist das große Schneefeld oberhalb des Parkplatzes durchquert. Nun wechselt man immer wieder zwischen vulkanischem Untergrund und Schnee. Ein Pfad ist von nun an nicht mehr zu erkennen und so wähle ich die aus meiner Sicht beste Route weiter hinauf

Ätna

Nach etwa einer Stunde hat man eine Anhöhe erreicht. Der Parkplatz mit den Geländefahrzeugen ist von hier aus gut zu sehen, ebenso der Pfad, der hinauf auf einen der kleineren Eruptionskratern führt.

Ätna

Mittlerweile befinde ich mich zwischen dem Hauptgipfel und dem kleinen Brudergipfel des Ätna. Auf dem Foto unten ist der kleine Gipfel zu sehen.

Kleiner Ätna-Gipfel

Nach einem kräftezehrenden letzten Anstieg entlang der Südflanke über Geröll erreiche ich den Gipfel des Ätna (3.323 m). Vom Endpunkt der Piste bis hinauf zum Kraterrand habe ich gut 90 Minuten benötigt. Insgesamt dauerte der Aufstieg vom Refugio Sapienza bis zum Gipfel des Ätna rund 3,5 Stunden.

Gipfel Ätna

Der Blick ins Innere des Kraters wird von Rauch- und Dampfschwaden erschwert. Der Wind bläst relativ stark. Mal ist außer Rauch nichts zu sehen und mal kann man etwa 150 Meter tief blicken. Ein spektakuläres Naturschauspiel und ein bleibendes Erlebnis. Als der Boden begleitet von einem tiefen Grollen kurz wankt, habe ich Mühe das Gleichgewicht zu halten. Ich fühle mich klein als Mensch.

Blick in den Krater

Es stinkt – schlimmer noch – die Luft ist stickig. Gase reizen die Schleimhaut und meine Augen beginnen nach etwa 15 Minuten zu tränen. Fumarole, wohin das Auge blickt.

Fumarole am Ätna

Ich sehe zu, dass ich wieder schnell den Kraterrandbereich verlasse, mache noch einige Aufnahmen und verabschiede mich vom Gipfel.

Ätna – südwestlicher Kraterrand
Fumarole am Ätna
Fumarole am Ätna

Der „kleine Brudergipfel“

Während des Abstiegs schaut man auf den kleinen Brudergipfel des Ätna.

Kleiner Brudergipfel des Ätna

Ständig auf der Hut

Immer wieder rollen Lavabrocken den Hang herunter, in erster Linie dort, wo die Hänge steil sind. Ich hingegen bewege mich auf eher moderat abfallendem bzw. ansteigendem Terrain. Dennoch mach ich bei jedem Geräusch halt, um zu schauen, wo die Brocken herunterrollen. Ein Helm wäre hier sicherlich nicht verkehrt.

Herabfallende Lavabrocken

Da direkt am Gipfel eine Verschnaufpause aufgrund der Gase und starken Winde kaum möglich gewesen ist, mache ich etwas unterhalb in einer Senke halt. Der Boden gleicht einer Fußbodenheizung (Abb. unten). Ich mag gar nicht mehr aufstehen, so angenehm ist die Wärme.

Ätna

Der Abstieg erfolgte über den gleichen Weg, den ich aufgestiegen bin. „Weg“ meint in diesem Fall eher „Richtung“, denn ein Pfad ist während meiner Wanderung an keiner Stelle zu erkennen. Mag sein, dass es in den Sommermonaten deutlich besser erkennbare Trittspuren gibt, während meiner Besteigung im April jedenfalls musste ich mir eine eigene Spur, einen eigenen Weg suchen. Wie es Einheimische gerne aus nachvollziehbaren, wirtschaftlichen Gründen behaupten, sei die Besteigung ausschließlich mit Bergführer möglich. Dem ist nicht so.

Zum Abschluss sei allerdings noch einmal gewarnt: der Ätna gehört zu den aktivsten Vulkanen der Erde. Eine Besteigung sollte man nur bei körperlicher Fitness und nach Sichtung aktuelle Berichte zur Aktivität des Ätnas angehen, wenn denn die Situation vor Ort als weitestgehend ungefährlich eingestuft wird.

Schreibe einen Kommentar